Bangladesh 2013


Augenoptik

​​In der Augenoptik sind folgende Daten zu vermelden: Es wurden ca. 150 Katarakte vorgestellt, wobei ca. 70 zu operieren sind und auch in den nächsten zwei Monaten im Galachipa Health Complex, oder in Barisal durch Augenärzte von GK, kostenlos vorgenommen werden sollen.

Lediglich für die einzusetzenden Linsen wird ein geringer Beitrag erhoben, der aber - je nach Einkommensstand - auch ganz entfallen kann. Von den ca. 3500 Brillen konnten ca. 1/3 weitergegeben werden. Es gab viele glückliche Gesichter!

Es kamen auch viele Patienten mit Konjunktivitis-Erkrankungen, hauptsächlich verursacht durch die ständige extreme Luftverschmutzung.

Michaela Bucher & Irmgard Balser

Gynäkologie

​Für mich als Gynäkologin war der Aufenthalt in Bangladesch besonders interessant, weil sich mir in der Sprechstunde die besondere Rolle der Frau in der dortigen Kultur darstellte.

Durch viele Geburten, schwere Arbeit, schlechte Ernährung und die ständige Unterdrückung waren viele Frauen schwer gezeichnet.

Mit ihren schönen Gewändern und dem Schmuck haben sie aber eine besondere Würde ausgestrahlt, die mich sehr beindruckt hat.

Dr. Gertrud Siebeck

HNO

Im HNO-Untersuchungsraum gab es nur einen einfachen Schreibtisch, sowie einige Stühle. Untersucht wurde mit batteriebetriebener Stirnlampe, mitgebrachten Instrumenten und einem Otoskop. Ohrmikroskopie oder Audiometrie standen nicht zur Verfügung. Unterstützt wurde ich von Dr. Badrul, einem einheimischen HNO-Arzt, sowie durch Dr. Ashraf.

Wir sahen sehr oft subtotale Trommelfellperforationen (Otitis media chronica), sowie verbogene Nasen­scheide­wände (Septumdeviation). 30 mal war eine Operation (Tympanoplastik, Septumplastik) anzuraten, die Patienten wurden dazu nach Dhaka einbestellt. Zahlreiche akute Fälle, wie z.B Entzündungen der Mandeln, der Nebenhöhlen oder des Kehlkopfes wurden mit Antibiotika und weiteren Medikamenten kostenlos versorgt.

Die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Bangladesch war ausgesprochen freundschaftlich, kompetent und effektiv.

Dr. Joachim Spahmann

Innere Medizin

Häufige Diagnosen:

  1. Magenbeschwerden (laut Ärzten aus Bangladesh durch die stark gewürzten Speisen verursacht, vermutlich bei 50% aller Patienten)
  2. Hochdruckerkrankungen (ungewöhnlich bei den meist normal bis untergewichtigen Patienten ab Mitte Dreißig, fraglich durch das stark kochsalzhaltige Wasser verursacht)
  3. Schlaganfälle (auch bei Personen unter 50 Jahren) als Folgeerscheinung des unbehandelten Bluthochdrucks
  4. Herzkranzgefäßerkrankung als Folge von Hochdruck und Rauchen
  5. Diabetes mellitus häufig ab dem 40. Lebensjahr (fraglich Folge der sehr einseitigen Ernährung mit Betonung von Kohlenhydraten durch den täglich mehrfachen Reisverzehr)
  6. Chronische Anämien (vorwiegend bei Frauen aufgrund der Schwangerschaften und der fehlenden Vitamine, da sehr wenig Gemüse, Salate und vor allem kaum Obst in der Nahrungskette vorhanden)
  7. Chronische Hauterkrankungen in sehr schwerer Ausprägung (Vitiligo (Lepra?), Infektionen wie z.B. Krätze aufgrund fehlender Hygiene, toxische Veränderungen, z.B. Cr-Ni-Allergie bei starker Umweltbelastung)
  8. Darmerkrankungen durch Wurmbefall (vermutlich 90-100% aller Kinder und bei einem hohen Prozentsatz der Erwachsenen), verbunden mit Anämie durch den parasitären Wirtsbefall
  9. Tuberkuloseerkrankungen mit Befall von Lunge und Halslymphknoten
  10. Poliomyelitisfälle (die jüngsten Fälle nur 4 Jahre zurückliegend!)
  11. Orthopädische Probleme mit schwersten Funktionseinschränkungen
  12. Congenitale Vitien (mehrere ASD’s und VSD’s, ein Fallot Kind (wenige Monate später auf der OP-Warteliste verstorben)

Fazit: Man sieht alle Krankheiten, die im Lehrbuch der inneren Medizin abgehandelt werden, nur sind die Krankheitsverläufe aufgrund der seltenen Arzt-Patientenkontakte und der häufig unterbrochenen Therapiephasen wesentlich schwerwiegender wie bei uns in Zentraleuropa.

Dr. med. Eduard Brand,

Kinderheilkunde

Wir behandelten ca 30 Kinder täglich. Die Mehrheit der Kinder stammte aus ärmsten Verhältnissen und war sichtbar mangelernährt. Die Kinder in Bangladesch werden in den ersten Lebensjahren fast ausschließlich gestillt, wobei der Ernährungszustand vieler Mütter unzureichend ist.

Das Einführen von Breikost im Kleinkindesalter bedeutet, dass die Kinder überwiegend Reis essen, da sich die Familien weder Obst und Gemüse noch Fleisch und Fisch leisten können. Daraus resultieren Eiweiß- und Vitaminmangel sowie Verdauungsprobleme. Wir verschrieben jedem Kind Multivitamin- und Zink-Präparate.

Durchfallerkrankungen stellten ein weiteres häufiges Problem im Kindesalter dar. Aufgrund der mangelnden Hygiene und verschmutztem Trinkwasser werden chronische Durchfälle durch Würmer und Bakterien hervorgerufen. Außerdem litten viele Kinder an schweren Hautinfektionen, die durch suffiziente Hygienemaßnahmen vermeidbar wären.

Für die Behandlung akuter Atemwegsinfekte stand uns ein Inhalationsgerät zur Verfügung. Wir sahen viele Kinder mit Behinderungen, für deren Ursache Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt angenommen werden müssen. Chronisch kranke Kinder sowie geistig oder körperlich eingeschränkte Kinder haben selten Zugang zu adäquater Behandlungen bzw. Förderung.

Besonders in Erinnerung wird mir ein sieben jähriger Junge bleiben, der mit einem schweren Herzfehler (Fallot-Tetralogie) ohne Hoffnung auf Therapie buchstäblich täglich ums Überleben kämpfte. Dank der Interdiszipli­narität dieses Camps und des Engagements des einheimischen Kardiologen wird das Kind mit unserer finanziellen Unterstützung operiert werden.

Mit meinem sehr kompetenten bangladeschischen Kollegen war ein lehrreicher Wissensaustausch möglich. Dem großzügigen Einsatz von Antibiotika im Rahmen eines Ärztecamps, wie es von den einheimischen Kollegen monatlich abgehalten wird, stand ich anfangs sehr kritisch gegenüber. Doch niemand weiß, wann die kleinen Patienten das nächste Mal einen Arzt konsultieren können.

Mein erster Einsatz in einem Entwicklungsland mit einer Hilfsorganisation war dank der ausgezeichneten Organisation ein großer Erfolg. Nach meiner Ankunft zuhause und nach einigen Wochen Zeit, das Erlebte zu verarbeiten, denke ich, dass wir mit unserer Arbeit in Bangladesch einigen wenigen Menschen helfen konnten. Durch unsere Anwesenheit schenkten wir den ärmsten der Armen Aufmerksamkeit und spendeten damit Hoffnung. Gemessen an der Vielzahl der Probleme dieses Landes erscheint die medizinische Arbeit wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Dr. Melanie Merkl

Krankengymnastik

Nasima meine physiotherapeutische Partnerin ist eine gut ausgebildete Krankengymnastin mit viel Power. Unsere Patienten waren meist Frauen und Kinder. Die Frauen waren auf Grund der Feldarbeit, Wasser tragen und vieler Geburten alle inkontinent und hatten Rückenbeschwerden. Wir brachten ihnen einfache Übungen für zu Hause bei.

Säuglinge und Kleinkinder waren teilweise behindert oder retardiert. Wir zeigten den Müttern 3-4 Übungen, die sie in diesen Fällen zu Hause nachvollziehen können. Bei Patienten nach Schlaganfällen beachteten wir besonders die Beweglichkeit ihrer Extremitäten und zeigten ihnen die richtige Gangart.

Einige Patienten konnten wir mit mitgebrachten Krücken versorgen. Einem 12 jährigen gelähmten Jungen wurde aus unseren Spenden ein Rollstuhl besorgt. Kontrakturen nach schlecht versorgten Brüchen, Skoliosen, kontrakte Schultern, Down Syndrom, Hydrozephalus, Gonarthrosen, Spondylarthritiden, fixierte Patella durch alte Fraktur und vieles mehr standen auf unserem Behandlungsplan.

Schwer zu untersuchen waren die Frauen die in mehreren übereinander verschlungen Stoffhüllen gekleidet waren. Wunderschön bunt. Die Männer tragen einen Lungi der durch einen einfachen Knoten vorne geschlossen wird. Auffallend war die Freundlichkeit und Herzlichkeit aller Menschen - die trotz ihrer Armut glücklich zu sein scheinen.

Dorothea Licht

Orthopädische Chirurgie

Mein orthopädischer Arzt war Dr. Sohel Ali Afzal, der eine sehr breite orthopädische und chirurgische Ausbildung hatte. Die Zusammenarbeit mit ihm war sehr harmonisch und wir konnten beide voneinander lernen.

Bei uns waren die Frauen mit über 70% als Patienten vertreten. Der Kreuzschmerz war wie in Deutschland auch dort das häufigste Problem. Eine weiterführende Diagnostik war wegen fehlendem Röntgen nicht möglich. Patienten mit neurologischer Symptomatik mussten an Neurologen in Dhaka weitergeleitet werden.

4 Fälle mit Kinderlähmung mit teils schwersten Bein- und Armkontrakturen. Ein Kind mit einer Beinverkürzung von ca. 30cm nach schlecht verheilter Unterschenkelfraktur. Ein ulzerierendes Mamma Karzinom im finalen Stadium.

Sehr stark fielen die häufigen Leistenhernien schon bei Kindern auf. Hier wurde jeweils eine Einweisung in ein Krankenhaus in Dhaka veranlasst. Lippenspalte, Syndaktylie an Händen und Füßen. Es fielen auch Kinder mit zerebralen Geburtsschäden gehäuft auf.

Kniegelenksarthrosen, Kreuzbandläsion, Schulterschmerzen, Fersensporn, Carpaltunnelsyndrom usw. die üblichen Erkrankungen einer orthopädischen Praxis.

Dr. Johannes Schmidt

Zahnheilkunde

Mein zahnärztlicher Einsatz in Bangladesch war gemessen an der im Land verfügbaren Geräteausrüstung und dem Ausbildungsstand des an meiner Seite arbeitenden einheimischen Kollegen als erfolg- und hilfreich zu bewerten. Die unter unvorstellbarer Armut und mangelnder Lebensqualität leidende Bevölkerung war zahnärztlich völlig unterversorgt.

Meine Hilfe musste sich allein auf chirurgische Eingriffe, wie z. B. multiple Zahnextraktionen und Behandlung der, durch mangelnde Hygienemöglichkeiten bedingten Entzündungsprozesse beschränken. Eine auffällige Häufigkeit von hochpathologischen Zahn- und Zahnfleischveränderungen, bis hin zu ulzerierenden Karzinomen im Mundbereich, waren zu beobachten. Es bedarf vieler weiterer Anstrengungen, um einen für unsere Maßstäbe effizienten Versorgungsstand zu erreichen.

Dr. Karlheinz Bergmann